Re: [rohrpost] Ueber Uebertakter

[Tilman Baumgaertel <tilman_baumgaertel@csi.com>]

At 17:27 12.05.00 +0200, you wrote:
> 
>
>At 14:17 12.05.2000 +0200, you wrote:
>>Eine neue Internet-Subkultur...
>>Gruesse,
>>Tilman
>
>mhmmmm neu ? Solche Bastler gibt es seit dem C64, wobei hier direkt die 
>Prozessor inhärente Software via Eproms (beschreibbare Chips) manipuliert 
>bzw. optimiert wurde . AMD stellte übrigens als erster ein 1GHz her (siehe 
>CT Magazin 6/00 S.30) das mit einem seperaten Kühlsystem (basiert auf 
>flüssigkeit) daher kommt. Allerdings ist nicht nur diese magische Zahl 
>wichtig sondern auch zahlreiche andere Komponenten die die Geschwindigkeit 
>signifikat beeinflussen (L2 Cache, Bustakt des Motherboards usw usw)
>
>Was das nun aber mit Internet-Subkultur zu tun haben soll kann ich nicht 
>nachvollziehen. Oder ist jeder vernetze Rechner selbst schon teil dieser 
>Kultur ?

Neu ist, dass diese Basteleien im Netz miteinander verglichen und in
Datenbanken festgehalten werden und der Wettbewerb dadurch ziemlich
hochgepeitscht wird. Das duerfte es beim C64 kaum gegeben haben (da kein
Internet - höchstens in den Brettern im Fidonet, aber nicht auf so einer
(internationalen) Ebene und mit einer derart unglaublichen Verfeinerung.).
Was fuer mich interessant war, war, dass die ganze Kommunikation zu diesem
Thema ausschliesslich im Internet ablaeuft (wie es im Artikel ja auch
steht) und nicht mehr wie einst bei Treffen a la "The Gathering". 

Netzkultur ist das ganze fuer mich, weil hier eine Mini-Subkultur
entstanden ist, die es so ohne Netz nicht gegeben wuerde, jedenfalls nicht
in so einem Masstab. Wenn es irgendwo über den Globus verteilt Welt drei
Leute geben sollte, die aus Ohrenschmalz kleine Figuren kneten, koennten
sie sich zum Aufbau eines kulturellen Kontextes derselben Methoden
bedienen, und waere fuer mich - wenn auch natuerlich nicht ausschliesslich
- eine Netzkultur. Es geht einfach um die Art und Weise der Kulturbildung.
(Demnächst in diesem Theater: "Was ist Netzkultur?" Und dann, back due to
popular demand: "Was ist Kultur?")

Man kann den ganzen Netzkultur-Aspekt aber auch einfach vergessen, und das
Ding nur als interessanten Artikel ueber sympatische Irre lesen. ;-)

>
>spiv.
>
>
>ps. Dem gegenüber gab und gibt es eine Programmierer Kultur, beispielsweise 
>damals (1990-1994) auf dem Commodore Amiga. Dort wurden Wettbewerbe 
>(Competitions) vom Umfang heutiger LAN Parties veranstaltet (z.b. "The 
>Party" in Dänemark oder "The Gathering" in Norwegen), mit dem ziel die 
>besten Computerdemos (Programme im Stil von MTV Videos) bzw. die besten 
>Programmierer, Grafiker und Musiker zu kühren. Das fanzinierende daran war, 
>dass alle die gleichen Vorraussetzungen (Prozessoren (Motorola 68000), 
>Grafikkarte etc.) hatten und die Programmierer wirklich versucht waren das 
>Maximum an Echtzeit Effekten durch ihre genialen Leistungen zu erzielen. 
>Das war noch eine wirkliche Kult(ur) ....

Diese ganze Demo-Kultur gibt es immer noch, "The Party" und diverse anderen
derartige Veranstaltungen auch. Ob das mehr Kultur ist, weil es in der
guten alten Zeit stattfand und mit Animationen arbeitet, und nicht mit
Springbrunnenpumpen und Ventilatoren, sei mal dahin gestellt. 

Aber ich wäre der letzte, der sowas abtun würde. Mittlerweile habe ich
wiederholt Emails von Leuten bekommen, die sich darüber beschweren, dass in
meinem Netzkunst-Buch diese ganze Demo-Kultur nicht vorkommt. Darueber
musste ich auch erst einmal nachdenken (und darüber, woher solche jungschen
Hacker dieses Buch kennen, auch). Inzwischen denke ich: Vielleicht haben
sie recht... 

Gruesse, 
Tilman 




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