Krystian Woznicki on 1 Aug 2000 17:20:07 -0000 |
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[rohrpost] Fwd: SPIEGEL ONLINE - Dot.com Gesellschaft: "Burn, venture capital, burn!" |
>------------------------------------------------------------ >Dot.com Gesellschaft: "Burn, venture capital, burn!" >------------------------------------------------------------ > >Gegen die boomende Start-up-Kultur der "First Tuesdays" >formiert sich im Berliner Underground der Widerstand - >natürlich am "Last Tuesday" eines jeden Monats. > >Von Gunnar Luetzow > >Leistung darf sich anscheinend wieder lohnen: An jedem >ersten Dienstag des Monats treffen sich in Berlin die >jungen Helden des Internet-Zeitalters zum First Tuesday. >Wie beim Londoner Vorbild suchen die Kreativen den Kontakt >zu risikofreudigen Kapitalgebern. Bei Brezeln, Sekt und >Techno-Sounds tauschen alte und neue Wirtschaft an >wechselnden Orten Gedanken und Visitenkarten aus - und >treffen auf die Anerkennung von liberalen Politikern und >neoliberalen amerikanischen Beobachtern. Aber nicht alle >ans Internet angeschlossenen Berliner zwischen 25 und 35 >träumen von der "ersten Milliarde im E-Commerce", die >Medien wie "Net-Business" beschwören. Statt dessen >organisiert sich unter dem Motto "Last Tuesday" an jedem >letzten Dienstag des Monats jetzt der Widerstand gegen den >Siegeszug des neuen Unternehmertums. > >Wahres Understatement > >Statt im Radisson trifft man sich in den kahlen >Räumlichkeiten eines ehemaligen Telegrafenamtes in >Berlin-Mitte, gereicht werden Heineken und Whisky und wer >statt "Nil" zu rauchen "Drum" dreht, sitzt auf den in ocker >und braun gehaltenen Polstermöbeln besser neben jemandem, >der vier Jahre lang Apple-Zwischenhändler in Amsterdam war. >Aus den Boxen kommen minimalistische Beats, die von Rausch- >und Störgeräuschen überlagert werden, auf den Tischen >findet sich die Glam-Ausgabe der "Spex". Kurz: "Das Leben >der Boheme 2.0". > >Worum es geht, erklärt der Berliner Kulturwissenschaftler >Sebastian Lütgert einführend kurz und bündig: "Beim First >Tuesday treffen sich Leute, die was das Internet betrifft, >Geld, Ideen und Kontakte haben. Hier hingegen treffen sich >Leute, die, was das Internet betrifft, kein Geld, keine >Ideen und keine Kontakte haben." Das allerdings ist, wie >sich schnell herausstellt, reines Understatement. >Treffender scheint da die Erklärung des Netzkünstlers und >"Medienaktivisten" Pit Schultz: "Bei Internet denken die >meisten ans Geldverdienen. Wir wollen zeigen, dass die >Netzkultur auch eine andere Seite hat." Und auch Sebastian >Lütgert, der mit anderen zusammen auf der Seite >www.rolux.org potenzielle Investoren mit einem herzlichen >"Burn, venture capital, burn!" begrüßt, hat zumindest kluge >Ideen. > >Sein an den Produkten der Firma Apple entwickelter Vortrag >über das neue Verhältnis zwischen Design und Dasein >entfaltet am Begriff der Transparenz unerwartete >Sprengkraft: Wie beispielsweise stehen die Semi-Transparenz >des i-Mac, die Transparenz der Konsum-Inszenierungen am >Hackeschen Markt und die innerbetriebliche Transparenz der >"New Economy" zueinander in Beziehung? In der lebhaften, >aus unterschiedlichstem Expertenwissen gespeisten >Diskussion wird schnell deutlich, dass jeder scheinbare >Zugewinn an Durchblick immer wieder auf die mögliche >Blickrichtung hin befragt werden muss. > >Ebenfalls kritisch zu befragen gilt es die Internetseiten, >die Pit Schultz vorstellt: www.sodaplay.com sieht mit >seinen "putzigen Datenobjekten" nahezu niedlich aus - doch >wird hier unter der Hand die "Akzeptanz von Biometaphern" >gefördert oder werden kommerziell verwertbare Resultate >abgeschöpft? Während jedoch in diesem Fall ein als >Netzkunst geplantes Projekt Verwertbares schafft, passiert >anderswo das Gegenteil: Die Diagramme, mit denen die >NGO-Datenbak www.uia.org alle Probleme dieser Welt >strukturiert, sind für Pit Schultz ein "komisches Beispiel >eines unfreiwilligen Kunstwerkes". Freiwillige Kunst >wiederum findet sich bei Paniel Pflumm, der derzeit >Corporate Identities für nicht existierenden Dot.coms wie >www.nulpi.com entwirft. > >Es ist diese zweckfreie, nicht an schneller Rendite >orientierte Kreativität, die die am "Last Tuesday" >versammelten Akteure des Undergrounds von den soliden >Jungkreativen des "First Tuesday" unterscheidet und >langfristig sogar weiterbringen wird. Beispiele für solche >Karrieren aus dem Underground gibt es zur Genüge - und >nebenan feiert im angesagten WMF der ehemalige >Piratensender Twen FM, dessen DJs zwar noch nicht vom >"First Tuesday", aber schon von der Zigarettenindustrie >gerne gebucht werden. > >Der "Last Tuesday" findet jeweils am letzten Dienstag des >Monats im "_lab", Ziegelstraße 23 (Eingang WMF), >Berlin-Mitte, ab 20.00 Uhr statt. > > > > > >------------------------------------------------------------ >(C) SPIEGEL ONLINE - 31. Juli 2000, 17:38 > >Den Artikel erreichen Sie im Internet unter der URL >http://www.spiegel.de/netzwelt/medien/0,1518,87427,00.html ---------------------------------------------------------- # rohrpost -- deutschsprachige Mailingliste fuer Medien- und Netzkultur # Info: majordomo@mikrolisten.de; msg: info rohrpost # kommerzielle Verwertung nur mit Erlaubnis der AutorInnen # Entsubskribieren: majordomo@mikrolisten.de, msg: unsubscribe rohrpost # Kontakt: owner-rohrpost@mikrolisten.de -- http://www.mikro.org/rohrpost