Volker Grassmuck on 3 Aug 2000 13:03:47 -0000 |
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[rohrpost] ICANN: neue gTLDs, MAL-Direktorenwahlen |
[Auszüge aus ICANN Studienkreis Infomail No. 4 http://www.icann-studienkreis.net/prog.html. -- vgrass] 1. August 2000 Post ICANN Yokohama Board Meeting Special Entscheidung zu neuen gTLDs Nach einer mehrjährigen Diskussion ist die Einführung neuer generic Top Level Domains (gTLDs) greifbar nahe gerückt. Einstimmig hat der ICANN Board beschlossen, bis Ende des Jahres 2000 eine Reihe neuer gTLDs einzuführen. Der Board folgte weitgehend der Empfehlung des Names Council. Demnach sollen neue gTLDs "in a measured and responsible manner" eingeführt werden. Die etwas vage Formulierung erklärt sich daraus, daß der Board sich nicht auf eine konkrete Zahl neuer gTLDs festlegen, sondern Qualität Vorrang vor Quantität geben wollte. Mit diesem Beschluß hat sich der Board eine flexible Grundlage für eine gleitende Einführung einer zahlenmäßig nicht begrenzten Menge neuer gTLDs geschaffen. Im Vorfeld der Entscheidung war noch einmal insbesondere von der ISP Constituencies der DNSO davor gewarnt worden, daß die gleichzeitige Einführung von zehn neuen gTLDs zu erheblichen Problemen bei den ISPs führen kann, wenn binnen weniger Minuten nach der Eröffnung möglicherweise Hunderttausende neuer Adressen registriert werden müssen. Der Board nahm dies zur Kenntnis und bekräftigtem daß oberstes Prinzip "die Stabilität des Internet und der Schutz der Domain Name Holder" ist. Zeitplan Nach dem jetzt festgelegten Zeitplan wird am 1. August 2000 ein "Call for Proposals" veröffentlicht. Jeder, der zukünftig einen neuen gTLD sponsern oder managen will, kann bis zum 1. Oktober 2000 einen entsprechenden Vorschlag einreichen. Die Vorschläge werden dann bis zum 15. Oktober 2000 zur öffentlichen Diskussion gestellt. Danach wird sich der Board mit den Vorschlägen beschäftigen und Kandidaten aussuchen. Am 20. November 2000 wird der Board im Rahmen der nächsten ICANN Generalversammlung seine Entscheidung bekanntgeben. Bis zum 31. Dezember 2000 sollen dann die Verhandlungen mit denjenigen, die für das Management der neue gTLDs zuständig sind, zu Ende geführt werden. Damit könnte die Registrierung neuer Domain Namen in neuen gTLDs per 1. Januar 2001 beginnen. Zahl Sowohl im "Public Hearing" als auch in dem Meeting der Board Direktoren spielte die Zahl der einzuführenden neuen gTLDs und die Kategorie eine wesentliche Rolle. Die Meinungen einzelner Board Direktoren schwankten zwischen zwei und zehn. Der Board vertständigte sich auf das Prinzip der "Vielfalt" und bezog sich hier ausdrücklich auf die im Bericht der DNSO Working Group B genannten vier Kategorien: offene, begrenzte/chartered, nicht-kommerzielle und persönliche Domains. Unterstellt man, daß für jede der vier Kategorien mindestens ein gTLD geöffnet wird, läßt sich vermuten, daß in der ersten Runde die Zahl neuer gTLDs zwischen vier und sechs liegen wird. Als Favoriten werden u.a. .shop, .web, .banc, .union, .nom gehandelt. Unklar ist nach wie vor, ob die von der Europäischen Union angestrebte .eu Domain unter dieses Verfahren fällt. Der Board will die Einführung neuer gTLDs nutzen, um auch auf der Ebene der "Registries" den Wettbewerb zu eröffnen und das Monopol von NSI zu überwinden. Gebühren Antragsteller, die eine neue Top Level Domain managen wollen, müssen zunächst eine nicht rückerstattbare Gebühr von 50.000 US Dollar bezahlen. Überdies muß ein Antragsteller nachweisen, daß er über die technischen, wirtschaftlichen, personellen und finanziellen Ressourcen verfügt, um eine neue gTLD zu managen. Der Board verlangt auch Sicherheiten die garantieren, daß Kontaktdetails und persönlichen Daten von Nutzern, die unter einer gTLD sich registrieren lassen, für den Fall geschützt sind, wenn ein neuer Registry oder Registrar geschäftlich scheitert. Die hohe Gebühr ist insbesondere bei Vertretern der Nicht-Kommerziellen Domain Name Holder Constituency (NCDNH) und bei Civil Society Gruppen auf starke Kritik gestoßen. Damit hätten von vornherein klein- und mittelständische Unternehmen sowie alternative Anbieter aus dem nicht-kommerziellen Bereich geringere Möglichkeiten, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Zukünftige Rolle der At-Large Membership Direktoren Um die Rolle der neun Direktoren des Board, die von der At Large Membership gewählt werden sollen, ist ein heftiger Streit ausgebrochen. Der ursprüngliche Vorschlag, die neun Direktoren über einen von den Mitglieder zu wählenden At Large Membership Council zu nominieren, war nacb Kritiken von US-Institutionen wie Common Cause, Carter Center for Human Rights, Markle Foundation und Center for Technology and Democracy zurückgezogen worden. In Kairo hatte der Board entschieden, bis zum November 2000 fünf Direktoren in direkten Wahlen in den fünf Regionen zu wählen. Vier der sogenannten "Initial Directors" sollten gebeten werden, ihre Amtszeit um ein Jahr bis November 2001 zu verlängern. Bis dahin sollte der Board über das weitere Verfahren entschieden haben. Zahl der ALM Direktoren Für Yokohama hatte der ICANN Staff einen Vorschlag zur Änderung von Artikel 2 (Membership) der ICANN Bylaws vorbereitet. Nach diesem Vorschlag wären zwar bis November 2000 fünf neue Direktoren gewählt worden, in den Folgejahren aber wäre die Zahl der ALM Direktoren gesunken: Zwischen November 2001 und November 2002 von 9 auf 5, nach 2002 ohne einen ausdrücklichen Beschluß des Board zu neuen Wahlen auf Null. Damit wäre im November 2002 die Zahl der Board Direktoren automatisch auf zehn reduziert worden. Dieser Vorschlag traf auf eine breite Kritik gesellschaftlicher Gruppen und Vertreterorganisationen der Nutzer. Auch der Vorsitzende des GAC, Paul Twomey, und der Vertreter der Europäischen Kommission im GAC, Christopher Wilkinson, äußerten sich kritisch. Twomey machte deutlich, daß eine Reduktion der Zahl der Board Direktoren, die durch die Nutzer gewählt werden, den Charakter von ICANN und damit auch das Verhältnis zwischen ICANN und den Regierungen grundlegend verändern würde. ICANN müßte dann wie jedes anderes Wirtschaftsunternehmen behandelt werden und würde voll unter das Wettbewerbsrecht fallen. ("The organization runs the risk of potentially becoming a de facto industry association. If it were to do so, it would need to recognoize, I think, that governments and competition and consumer protection organisations would may much more attention to the activities of ICANN and would begin to apply tests to ICANN around consumer protection issues and around monopoly problems." Paul Twomey) Die Änderungen der Bylaws wurden vom ICANN Staff, insbesondere von Joe Sims, verteidigt. Innerhalb des ICANN Board gab es unterschiedliche Auffassungen. Amadeu Abril I Abril war mehr für eine Reduktion der ALM Direktoren, Vint Cerf plädierte für die Beibehaltung des jetzigen Schemas. Nach einer ausführlichen Debatte einigte sich der Board darauf, das Mandat der vier Direktoren, die aus dem Initial Board über den November 2000 hinweg weiterhin als Direktoren agieren, nicht um ein, sondern um zwei Jahre zu verlängern. Damit sind zumindest bis zum November 2002 weiterhin 19 Direktoren im Board. Sollte einer der vier Initial Direktoren vorzeitig sein Amt niederlegen, würde die üblichen Regeln zu frei werdenden Sitzen aus den Bylaws greifen, d.h. der Board selbst würde einen neuen Direktor kooptieren. Studie zur At Large Membership Nach den Amtsantritt der aus den kommenden Wahlen hervorgehenden fünf ALM-Direktoren (November 2000) wird in einer sechsmonatige Studienphase das Gesamtproblem der At Large Membership noch einmal analysiert. Die Studie soll u.a. untersuchen ob es überhaupt ALM-Direktoren geben sollte, wenn ja wie viele und wie sie ausgewählt werden. Die Studie soll auch klären, wie eine At Large Membership strukturiert werden sollte. Die Ergebnisse der Studie sollen im Juli 2001 auf dem ICANN Board Meeting in Europa präsentiert werden. Anschließend soll die Studie öffentlich diskutiert werden. Im November 2001 soll der Board im Licht der Empfehlungen der Studie und der öffentlichen Diskussion Entscheidungen treffen. Präzisierte Verfahren für Auswahl der Kandidaten Im Vorfeld der Yokohama Tagung hatte es insbesondere von nicht-staatliche Organisationen Kritik an dem Verfahren zur Aufstellung von Kandidaten für die Wahl der fünf ALM Direktoren gegeben. Dabei wurden die Einsetzung des Nominierungs- Kommitees ohne der Publikation eines vorherigen "Call of Interest" sowie die hohe Eintrittsschwelle für die Selbst-Nominierung kritisiert. Nach ausführlicher Diskussion präzisierte der Board seinen Plan zur Auswahl von Kandidaten. Nach dem neuen Plan werden jetzt pro Region sieben Kandidaten zur Wahl gestellt. Das Nominierungskomittee hat am 1. August 18 Kandidaten vorgeschlagen, darunter fünf für die europäischen Region. Der einzige Deutsche kandidat ist Wilfried Schüller, Direktor für internationale IP-Services der Deutschen Telekom. Die restlichen Slots werden über die Selbst-Nominierung gefüllt. Die ursprüngliche Schwelle von 10 % Mitglieder-Unterstützung, die ein Kandidat, der sich selbst nominieren wollte, benötigte, wurde auf zwei Prozent abgesenkt. Demnach benötigt jetzt ein Kandidat in der europäischen Region mit 35 942 Mitgliedern 719 Unterschriften um sich für den Selbst-Nominierungs-Pool zu qualifizieren. Jedes ICANN-Mitglied kann jedoch nur einen Kandidaten in seiner Region unterstützen. Auf die endgültige Kandidatenliste kommen diejenigen der Selbstnominierten mit den meisten Unterstützungen. Auch die Anforderungen an die Kandidaten wurden noch einmal präzisiert. So sind sie verpflichtet ihre Beschäftigungs- und Konsultationsverhältnisse und ihre geschäftlichen Interessen, einschließlich Investments, in ICANN relevanten Wirtschaftsbereichen offenzulegen. Dateline für den Selbst-Nominierungsprozeß ist der 15. August 2000. {ref hyperlink http://www.icann.org/minutes/prelim-report-16jul00.htm } Vom Nominierungskommitee vorgeschlagenen Kandidaten Afrika: Alan Levin, Südafrika, Sunesi Diagnostics Nii Quaynor, Ghana, Network Computer Systems Asien/Pazifik Johannes Chiang, Taiwan, Chengchi Universität Taipeh Lulin Gao, China, East Venture Inc. Masanobu Katoh, Japan, Fujitsu Ltd. / GIIC Sureswaran Ramadass, Malaysia, Aasia Pacific Advanced Networks Europa: Maria Livanos Cattaui, Schweiz, Generelsekretär International Chamber of Commerce Alf Hansen, Norwegen, UNINETT Olivier Muron, Frankreich, France Telecom Oliver Popov, Mazedonien, Universität Skopje Winfried Schüller, Deutschland, Deutsche Telekom Lateinamerika Ivan Moura Campos, Brasilien, Akwan Information Technologies Raul Echeberria, Uruguay, National Institute of Agricultural Research and eCommerce Patricio Poblete, Chile, Universität Snatiago Nordamerika Lyman Chapin. USA, BBN Technologies Donald Langenberg, USA, University of Maryland Lawrence Lessig, USA, Stanford University Harris Miller, USA, Information Technology Association of America Probleme mit Durchführung der Wahlen Eine Mitgliedschaft von 5000 war vom ICANN Board in Los Angeles (November 1999) als ein Minimum zur Legitimierung der Wahlen definiert worden. Diese Zahl war bereits beim Board Meeting in Kairo (März 2000) erreicht. In der zweiten Juli-Hälfte kam es zu einem regelrechten Ansturm auf die Registrierung, die nahezu zu einem Kollaps des System führten. Der ICANN Staff hatte sich auf eine Mitgliederzahl von um die 20.000 eingestellt, nur wenige "Optimisten" hatten 50.000 erwartet. Diese Zahl wurde letzendlich um ein zehnfaches übertroffen. Bis zum 31. Juli 2000, dem letzten Tag der Registrierung für die Wahlen im Oktober 2000, tatne über 200 000 Internet Nutzer sich als ICANN Mitglied registrieren lassen. Der große Erfolg, der ICANN mit einer derartigen Mobilisierung von Mitgliedern gelang, legte jedoch auch die Schwächen des jetzigen Systems bloß und bestärkte diejenigen, die vor einer Besitznahme einzelner Gruppen ("capture") gewarnt hatten. Insbesondere in Asien kam es nach dem Yokohama Meeting zu einem regelrechten Wettrennen zwischen Japan, China, Taiwan und Korea. Teilweise von der Regierung bzw. großen Industrieunternehmen gesteuert, ließen sich Zehntausende Nutzer registrieren. Dieser “last minute“ Anstrum auf die Registrierung führte dazu, daß der Server wegen Überlastung zum Teil ausfiel und damit eine offensichtlich nicht geringe Zahl von Internet-Nutzern sich nicht als Mitglied registrieren lassen konnten. Dies löste Proteste eine Reihe von Nutzer-Organisationen aus. Eine Verlängerung der Dateline war jedoch unmöglich, da dies den gesamten Zeitplan der Wahlen durcheinander gebracht hätte. ICANN Chair Esther Dyson verweis darauf, daß die eine nicht rechtzeitig erfolgte Registrierung zwar die Teilnahme an den Wahlen vom oktober 2000 verunmöglicht, daß aber ICANN weiterhin für Mitglieder offen ist da es in der Zukunft sicher weitere Wahlen geben werde. Diese Praxis, die Registrierung von ICANN-Mitglieder zu einem "nationalen Wettrennen" umzufunktionieren und für einseitige politische oder wirtschaftliche Interessen zu instrumentalisieren, wurde von zahlreichen Gruppen, darunter auch dem neu gegründeten Civil Society Internet Forum (CSIF), scharf kritisiert. Bundesforschungsministerin Buhlmann für starke deutsche Beteiligung bei den ICANN Wahlen Bundesfoschungsministerin Buhlmann hat sich für eine hohe Beteiligung deutscher Wissenschaftler und Internet Nutzer an den ICANN Wahlen ausgesprochen. In einem Rundbrief an IT-Unternehmen und Wissenschaftszentren forderte sie ein starkes deutsches Engagement: "Zum ersten Mal liegt die Verantwortung für die weitere Entwicklung der wichtigsten technischen Infrastruktur - das Internet - in den Händen einer Nichtregierungsorganisation. ICANN ist die erste Organisation, die weltweite Wahlen im Internet durchführe. An der demokratischen Gestaltung dieser Organisation sollte Deutschland auf breiter Ebene mitwirken.". In einem Interview mit "heise.de" fügte sie hinzu: "Es wird sicherlich noch eine längere Debatte darüber geben, wie man ICANN weiterentwickeln kann. Mir ist nur wichtig, dass man diese Debatte jetzt nicht zum Anlass nimmt, sich gegen die Wahl zu entscheiden. Das fände ich bedauerlich." Mitgliederzahl per Land Mitgliederzahl per Region 1. August 2000 1. August 2000 Japan 38.227 Asien/Pazifik 93.782 China 33.670 Europa 35.942 Deutschland 20.475 Nordamerika 21.596 USA 19.501 Lateinamerika/Karibik 6.486 Taiwan 9.193 Afrika 787 Korea 6.439 Brasilien 5.197 Frankreich 3.040 Großbritannien 2.150 Russland 2.111 Kanada 2.094 Indien 2.025 Total: 158.593 Dreiecksverhältnis zwischen ccTLDs, ICANN und GAC auf dem Weg der Klärung Obwohl es im Verhältnis zwischen ICANN, dem GC und den ccTLDs nicht zu einer abschließenden Klärung gekommen ist, haben sich die Konturen der zukünftigen Dreiecks-Beziehungen klarer herausgebildet. Auf der einen Seite haben die ccTLDs signalisiert, daß sie den von ICANN vorgelegten Vertragsentwurf "als den Beginn eines Prozesses" sehen und dazu eigene Vorschläge einbringen werden. Auch in dem Verhältnis zwischen ccTLDs und dem GAC zeichnet sich eine prinzipielle Einigung ab. Das GAC hatte bei der letzten ICANN Tagung in Kairo (März 2000) ein Grundsatzdokument zur Regelung der Beziehungen zwischen den nationalen Regierungen, den ccTLD Managern und dem ICANN Board vorgelegt (GAC- Principles). {ref hyperlink http://www.noie.gov.au/projects/international/DNS/gac/index.htm }Die ccTLDs hatten daraufhin ihrerseits an drei Dokumenten gearbeitet, die in einem noch unterschiedlichem Reifestadium in Yokohama zur Diskussion gestellt worden. Während das "Best Practice" Dokument, daß die Anforderungen an einen ccTLD Manager detailliert beschreibt, weitgehend konsensusfähig war, gab es zu den beiden anderen Papieren - Serviceabkommen mit ICANN und Prinzipien für eine Re-Delegierung - noch unterschiedliche Ansichten, insbesondere zwischen CENTR (dem Verbund, dem die meisten europäischen ccTLDs angehören) und IATDL/International Association of Top Level Domains (dem u.a. die Mehrheit der pazifischen Inselstaaten angehören). Um die Arbeit der ccTLD Constituency zu professionalisieren wurden mittlerweile auch die Strukturen und Prozeduren mehr formalisiert, ein "Administrative Committee" (AdCom) gebildet und ein eigenes Sekretariat eröffnet. Best Practice & Re-Delegation: Die ccTLD wollen vermeiden, daß die Delegierung für das Management einer ccTLD politisiert wird. Der Manager einer ccTLD sollte nicht zum "Fußball der nationalen Politik" werden der je nach Merhheits- und Machtverhältnissen hin- und hergeschoben wird. Die ccTLDs stehen daher nach wie vor einer Formulierung des Governmental Advisory Committes (GAC) mißtrauisch gegenüber, wonach letztendlich die jeweilige nationale Regierung darüber entscheidet, wer das Recht hat, die nationale Domain zu verwalten. ("ultimate public policy authority"). Die ccTLDs sehen darin eine Gefahr, daß nach jedem Regierungswechsel in einem Land auch der Manager der ccTLD wechselt. Undemokratische Regierungen könnten die Delegation politisch oder wirtschaftlich mißbrauchen. Die ccTLDs streben eine Re- Delegierungs-Praxis an, die auf einen Konsens innerhalb der "Local Internet Community"" basiert. Sollte eine Re-Delegierung beantragt werden (jährlich werden etwa sechs bis zehn Re-Delegierungen vorgenommen) müßten dazu ausschließlich technische Kriterien, die in dem "best practice" Dokument definiert sind, zur Grundlage genommen werden. Eine Re-Delegierung sollte nur dann legitim sein, wenn der Manager der ccTLD nicht den technischen Anforderungen gerecht wird ("technical performance"). Die ccTLDs waren jedoch nicht in der Lage genau zu definieren, was die LIC ist. Die LIC sei von Land zu Land unterschiedlich, würde aber u.a. generell ISPs, Universitäten, Nutzer, Unternehmen und andere Internet Gruppen einschließen. Die nationalen Regierungen seien Teil der LIC, ihr jedoch nicht übergeordnet. An diesem Punkt gehen die GAC Prinzipien und die Ansichten der ccTLDs auseinander. In einem Dialog mit dem GAC machten die ccTLDs jedoch deutlich, daß es Ihnen nicht prinzipiell darum geht, zu definieren, wer die letztendliche oberste Autorität hat sondern darum, ein effektives System des Management der Domainnamen zu erreichen und es vor willkürlichen Eingriffen von Regierungen zu schützen. Regierungsvertreter, die für ihr Land eine Re-Delegierung fordern, sollten sich daher bewußt sein, daß eine solche Re-Delegierung sachlich begründet ("performance") sein und einen "Prozeß" ("procedure"), in dem es auch um Vermittlung ("mediation") geht, durchlaufen müsse bevor endgültige Entscheidungen getroffen werden. Re-Delegierung müsse sich strikt von technischen Kriterien leiten lassen. Das GAC widerum machte klar, daß es an seinen in Kairo vorgelegten Prinzipien keine Abstriche machen wird. "Der Zug ist abgefahren" sagte dazu der Vertreter der EU im GAC, Christopher Wilkinson. Im abschließenden GAC Kommunique von Yokohama wird noch einmal hervorgehoben daß "while governments and public authorities need not to be involved in day to day decision making, they exercise ultimate public policy authority representing the interests of the people for which the ccTLD has been delegated." Wie innerhalb der ccTLDs gibt es jedoch auch innerhalb des GAC durchaus unterschiedliche Ansichten in den Details, so z.B. zwischen Frankreich und den USA. GAC fordert, daß die GAC Prinzipien als ein Annex in die geplanten Verträge zwischen den ccTLDs und ICANN aufgenommen und damit Bestandteil des Vertrages werden. ("GAC encourages that any future contracts between ICANN and ccTLD administrators should reflect the administrators commitment to be bound by the GAC principles"). Der ICANN Bord hat sich zu diesem Verfahren noch nicht geäußert. Auch einige ccTLDs haben Vorbehalte gegen einen solchen Vertragsautomatismus. Weitere Abklärung ist nötig. Service-Abkommen zwischen ccTLDs und ICANN Das in Los Angeles (November 1999) angenommenen Finanzierungsschema sieht vor, daß die ccTLDs 35% des ICANN Budget aufbringen. ICANN hatte daraufhin den ccTLDs im 2. Quartal 2000 Rechnungen zugestellt in einer Höhe von mehr als 1 Million US Dollar. Auf einer Tagung Anfang Juni 2000 in Trondheim hatten die im CENTR zusammenarbeitenden ccTLDs erklärt, daß sie diese Rechnungen solange nicht begleichen werden, solange es kein klar geregeltes Vertragsverhältnis mit definierten Leistungen und Gegenleistungen zwischen ICANN und den ccTLDs gibt. Zurückgewiesen wurde auch die vom ICANN Staff angewandte Berechnungsmethode. ICANN hatte die Zahl der im jeweiligen ccTLD registrierten Domain Namen zugrunde gelegt, was von den ccTLDs als die Wiedereinführung der bereits abgewiesenen Namens-Steuer angesehen wurde. Die ccTLDs schlugen dagegen einen alternativen Mechanismus zur Bestimmung der Höhe ihrer Beiträge vor. Demnach sollten Kategorien gebildet werden mit unterschiedlicher Beitragshöhe. Die einzelnen ccTLDs sollten selber auswählen können, welcher Kategorie sie zugehörig sind. Überdies sollte aus den Beiträgen auch ein Fonds gebildet werden, der ccTLDs in Entwicklungsländern unterstützt ("global solidarity fonds"). Der von ICANN vorgelegte Vertragsentwurf wurde von den ccTLDs als "der Beginn eines Prozeß" bezeichnet. Die ccTLD erwarten klar definierte Leistungspakete von ICANN, insbesondere hinsichtlich des Betriebs der Root Server. Hier baut sich eine "Huhn-Ei-Situation" auf. Während das Department of Commerce der US Regierung sagt, daß vor einer vertraglichen Regelung der Beziehungen zwischen ICANN und den ccTLDs keine Übertragung der vollen Auotrität über den Roiot Server auf ICANN erfolgen kann, erwarten die ccTLDs, daß diese Übertragung so bald als möglich geschideht. Das DoC hatte sich im GAC auch dafür eingesetzt, daß die (vorrangig europäischen) ccTLDs ihre finanziellen Beitragsschulden gegenüber ICANN begleichen um ICANN unabhängiger von Zahlungen US-amerikanischer Unternehmen (NSI) zu machen. Diese Forderung, der auch der deutsche Delegierte im GAC zustimmte, spiegelt sich im Yokohama Kommunique des GAC wieder. Das GAC forderte auch beim Abschluß einer Vereinbarung zwischen ICANN und den ccTLDs vorher konsultiert zu werden. Streitschlichtungspolitik für ccTLDs Nachdem ICANN eine Politik zur Schlichtung von Namensstreitigkeiten bei den gTLDs verabschiedet hat (Universal Dispute Resolution Policy/UDRP) wird die Forderung lauter, analoge Mechanismen für Konflikte bei den ccTLDs zu entwickeln. Die ccTLDs sind grundsätzlich für die Entwicklung alternativer Streitschlichtungsmodelle als Ergänzung zu den bisherigen Möglichkeiten, sehen aber keine Chance, dies einheitlich in allen Ländern durchzusetzen. Streitigkeiten bei den ccTLDs würden in aller Regel nach den nationalen Gesetzen entschieden, die sehr unterschiedlich von Land zu Land seien. Dennoch könne man über die Einführung einer Local Dispute Resolution Policy (LDRP) nachdenken wenn damit vereinfachte, schnellere und kostengünstigere Verfahren erreicht würden deren Resultate auch von den Streitparteien anerkannt werden. Eine LDRP könnte in Form einer allgemeine Rahmen-Richtlinien verabschiedet werden, die dann entsprechend der jeweiligen nationalen Gesetzeslage umzusetzten wäre. Die WIPO hat bereits mit einer Untersuchung zu dieser Thematik begonnen. Die ccTLDs werden im Rahmen der nächsten ICANN Generalversammlung in Marine del Rey (November 2000) einen speziellen Workshop zu dieser Thematik durchführen. GAO Report zu ICANN: Root Server bleibt unter Kontrolle der US Regierung Die Entwicklung von ICANN und insbesondere die Rolle, die das Department of Commerce (DoC) der US Regierung in diesem Prozeß spielt, war Gegenstand einer speziellen Untersuchung des "United States General Accounting Office" (GAO). Die Untersuchung war von zwei Mitgliedern des US-Repräsentantenhauses, Judd Gregg und Harold Rogers, veranlaßt worden. Der Bericht kommt zu dem Schluß, daß das DoC sich im Rahmen der Rechtsordnung bewegt hat als es die Gründung von ICANN initiierte und in entsprechende vertragliche Beziehungen mit ICANN eingetreten ist, daß aber grundsätzlich die Rechtsgrundlagen für den Transfer von Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit dem Domain-Name System von der US Regierung an ICANN unklar, vage oder gar nicht existent sind. Hinsichtlich der bis November 2000 geplanten Übertragung der vollen Verantwortung für des Root Server System und insbesondere den in Herndon/Virginia stehenden A Root Server auf ICANN drückt sich der Bericht eher nebulös aus und läßt offen, ob eine solche Übertragung mit bestehendem US-amerikanischen Recht vereinbar wäre. Wörtlich heißt es in dem Bericht: "The question of whether the Department (of Commerce) has the authority to transfer control of the authoritative root server to ICANN is a difficult one to answer. Although control over the authoritative root server is not based on any statute or international agreement, the government has long been instrumental in supportung and developing the Internet and the domain name system. The Department has no specific statutory obligations to manage the domain name system or to control the authoritative root server. It is uncertain whether transfering control would also include transfer of government property to a private entity. Determining whether there is government property may be difficult. To the extent that transition of the management control to a private entitiy would involve the transfer of government property, it is unclear if the Depoartment has the requisite authority to effect such a transfer. Since the Department states that it has no plans to transfer the root server system, it has no examined the issues. Currently, under the cooperative agreement with Network Solutions, the Department has reserved final policy contrtol over the authoritative root server." Civil Society Internet Forum gegründet Am Rande der Yokohama Tagung wurden ein Civil Society Internet Forum (CSIF) gegründet. Die Gründung des CSIF war bei einer Zusammenkunft im Rahmen der Non-Commercial Domain Name Holders Constituency (NCDHC) der DNSO initiiert worden. An dem Seminar nahmen eine Reihe prominenter nicht-staatlicher Organisationen wie "Computer Professionals for Social Responsibility" (CSPR), Center for Technology and Democracy (CTD), Markle Foundation, verschiedenen nationalen Chapters der Internet Society (ISOC) und andere teil. Die Teilnehmer der Tagung diskutierten ein "Yokohama Statement". Wiewohl zu den einzelnen konkreten Punkten des Statements kein Konsensus erzielt werden konnten, wurde das Dokument "in principle§" angenommen und im Rahmen des ICANN Baord Meeting verbreitet. Der ICANN Baord wurde gebeten, bei zuklünftigen tagungen einen Konferenzslot für eine tagung des Civisl Society Internet Forums zu reservieren. Das Forum will sich insbesondere dafür engagieren, daß die Interessen der Nutzer und anderer vertreter der Zivilgesellschft bei Entschedungen des IC>NN Board ebphrend berücksichtigt werden. =-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=- home http://waste.informatik.hu-berlin.de/Grassmuck/ mikro http://www.mikro.org Wizards of OS http://www.mikro.org/wos =-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=- ---------------------------------------------------------- # rohrpost -- deutschsprachige Mailingliste fuer Medien- und Netzkultur # Info: majordomo@mikrolisten.de; msg: info rohrpost # kommerzielle Verwertung nur mit Erlaubnis der AutorInnen # Entsubskribieren: majordomo@mikrolisten.de, msg: unsubscribe rohrpost # Kontakt: owner-rohrpost@mikrolisten.de -- http://www.mikro.org/rohrpost