Andreas Broeckmann on 11 May 2001 09:38:29 -0000 |
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[rohrpost] Kollektivkoerperkonferenz im juni an der schaubuehne |
http://www.fu-berlin.de/bodynet/veranst/veranst.html#Kollektiv Tagung: "Kollektivkörper. Theorie und Performance" Konzeption: Dr. Sylvia Sasse, Stefanie Wenner 8.-10. Juni 2001 an der Schaubühne am Lehniner Platz Kurfürstendamm, Berlin (U-Bahn Adenauerplatz) Analogien zwischen dem menschlichen Körper - seinem Organismus, seiner Gesundheit, seinem Bauch und seinen Gliedern - mit sozialen, staatlichen Formationen gehören seit der Antike zur Geschichte der Sozialphilosophie. Umgekehrt tauchen in der Biologie spätestens seit Virchow Begriffe wie Zellenrepublik auf oder es wird mit Bildern operiert, die den Kampf der Teile mit dem Wetteifer des Staatsbürgers vergleichen. Uns interessiert, ob und wie sich jenseits dieser Anthropomorphisierung des Sozialen und der biologistischen Verwendung gesellschaftlicher Prozesse von einem Kollektivkörper, Gemeinschaftskörper oder von Körperschaften sprechen läßt. >Hat der Kollektivkörper eine Physiognomie, hat er überhaupt einen Körper? Wie wird der Kollektivkörper in cultural performances hergestellt, welche anthropologischen Konzepte liegen diesen jeweils zu Grunde? Kann man davon ausgehen, daß der Kollektivkörper die Ambivalenz vom Ineinander gemeinschaftlich imaginärer und symbolischer Figurierung und körperlicher Präsenz noch verdoppelt, oder ist er nur Ausdruck des Konfliktes von Identität, Abgrenzung, Verbindung, Regulierung oder Exotopie? Wir werden uns an diese Fragen über die Analyse von cultural performances der Gemeinsamkeiten, Verbindungen, Identitäten, die einen Körper in einen Kollektivkörper versetzen, annähern. Dazu gehören sowohl Paarspiele, Gruppenrituale, Paraden, Demonstrationen, Wallfahrten, Kommunen, Sportevents, wie auch die künstlerische Auseinandersetzung mit der Ästhetik der Verbindung. Aus historischer Sicht interessiert uns vor allem die Frage, ob die Performances des Kollektiven an der Wende zum 21. Jahrhundert ein neues Out-fit bekommen haben: Ist die Love Parade Ausdruck des aktuellen kollektiven Individualismus? Löst die totale Verknüpfung im Cyberspace den totalitären Kollektivkörper ab oder wird das durch die Verdopplung und Egalisierung mithilfe der Gentechnologie geleistet? Wir setzen zwei Schwerpunkte: Theorie: Inwiefern thematisieren und konzipieren kultur-, religions- und rechtswissenschaftliche bzw. -historische sowie philosophische und künstlerische Konzepte einen Körper im kollektiven Körper bzw. des kollektiven Körpers? Von welchem Körper ist die Rede? Von der Unterwanderung des Selbst mit kollektiver Identität, von einer multiplen Persönlichkeit oder von einer sozialen Gemeinschaft, deren Gemeinsamkeit auf einem anthropologischem Konzept beruht? Kann man von kollektiven Physiognomien sprechen, von der kollektiven, meutehaften, organlosen oder organischen Körperlichkeit, von einer Psychognomie kollektiver Konzepte? Performance: Wie geht die Inszenierung von Kollektiv-Körpern in Gemeinschaftsritualen über die Repräsentation und Verkörperung von Ideen hinaus? Wie wird Verbindung, Gemeinsamkeit oder Einigkeit hergestellt, und wie wird das Herstellen von Verbindung zu einem körperlichen Prozeß? > _________________ Konferenzkonzept: Die Konferenz ist so konzipiert, daß wissenschaftliche und künstlerische Auseinandersetzungen mit und über den Kollektivkörper gleichgewichtig nebeneinander stehen. Ausgehend von der Annahme, daß in beiden Feldern zum Konferenzthema mit den jeweiligen Mitteln geforscht wird, soll mit der Tagung ein Experiment zur Verflechtung von Theorie und Praxis beginnen. Nicht nur inhaltlich werden heterogene Felder miteinander verknüpft, auch performativ wird der Frage nachgegangen, wie ein Kollektivkörper gebildet wird. Die Kooperation des Graduiertenkollegs "Körper-Inszenierungen" und der "Schaubühne am Lehniner Platz" funktioniert in diesem Sinne selbst als eine Verbindung zur Untersuchung der Überschneidungen zwischen Theorie und Praxis. Im Rahmen der Tagung wird insbesondere darauf Wert gelegt zu thematisieren, inwiefern Theorie an sich eine Praxis ist, die performativ funktioniert. Der Wechsel des Schauplatzes ist also programmatischer Natur und dient der Reflexion des je eigenen Standortes. Wissenschaft wird auf die Bühne geholt, Performance in einen wissenschaftlichen Kontext gestellt. Dem Anspruch der Tagung, Theorie und Praxis zu verknüpfen, wird schon dadurch entsprochen, daß die Tagung mit einer für diesen Kontext erarbeiteten Version des Projektes 9 x 9 der belgischen Choreographin Christine de Smedt eröffnet wird. Außerdem bieten wir den TeilnehmerInnen die Möglichkeit, aktiv an einem Ausschnitt der Performance, dem Deleuze-Game, im Rahmen eines Workshops teilzunehmen. Weiterhin ist ein kollektives Kochen und Essen mit Samuel Zach geplant: Am Samstag wird es eine ganztägige, gemeinschaftliche Vorbereitung auf die Leibspeise geben. Hierzu können Sie sich schon jetzt anmelden unter bodynet@zedat-fu-berlin.de. Paul Gazzola nimmt eine weitere elementare Geste der kollektiven Verbindung in seiner Performance shaking hands = handshake ins Visier. Unter seiner Anleitung wird das Handschütteln in einer kollektiven Performance untersucht. Die Karten für den Konferenz (Tageskarte und Konferenzticket) können Sie ab Mai im Vorverkauf an der Kasse der Schaubühne oder via E-Mail bestellen unter http://www.schaubuehne.de). TeilnehmerInnen: Inke Arns (Berlin), Inge Baxmann (Berlin), Christina von Braun (Berlin), Claudia Benthien (Berlin), Kattrin Deufert (Frankfurt/M.), Uli Ertl (Berlin), Jan Fabre (Amsterdam), Thomas Hauschild (Tübingen), Eva Horn (Frankfurt/O.), Dietmar Kamper (Berlin), Kollektive Aktionen (Moskau), Xavier Le Roy (Berlin), Ethel Mattala de Mazza (München), Beate Maurer (Frankfurt/M.), Stephan May (Berlin), Michail Ryklin (Moskau), Sylvia Sasse (Berlin), Schamma Schahadat (Konstanz), Robert Schmidt (Berlin), Christine de Smedt (Brüssel), Marianne Schuller (Hamburg), Peter Sloterdijk (Karlsruhe), Marten Spangberg (Stockholm), Joseph Vogl (Weimar), Rut Waldeyer (Berlin), Sasha Waltz (Berlin), Stefanie Wenner (Berlin), Samuel Zach (Berlin), Slavoj Zizek (Ljubljana), Cornelia Zumbusch (Berlin). Das Programm folgt in Kürze. Wenn Sie noch weitere Fragen haben, dann richten Sie diese bitte an: sasse@cdat.de, wennerst@zedat.fu-berlin.de ---------------------------------------------------------- # rohrpost -- deutschsprachige Mailingliste fuer Medien- und Netzkultur # Info: majordomo@mikrolisten.de; msg: info rohrpost # kommerzielle Verwertung nur mit Erlaubnis der AutorInnen # Entsubskribieren: majordomo@mikrolisten.de, msg: unsubscribe rohrpost # Kontakt: owner-rohrpost@mikrolisten.de -- http://www.mikro.org/rohrpost