Hendrik Naumann on 7 Aug 2001 14:07:48 -0000


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[rohrpost] heise online: Software-Patente: Gegner zahlenmaessig ueberlegen


Diese Meldung aus dem heise online Newsticker wurde Ihnen
von Hendrik Naumann <hn75@gmx.de> gesandt.
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Software-Patente: Gegner zahlenmäßig überlegen

Im Streit um das Für und Wider der Ausweitung des Patentschutzes[1] auf
"computer-implementierte Erfindungen" – Software und rechnergestützte
Geschäftskonzepte, die anders als in den USA bisher vom Wortlaut des
Deutschen Patentgesetzes wie auch der Europäischen Patentübereinkunft
(EPÜ[2]) nicht patentfähig sind – hatte die EU-Generaldirektion Binnenmarkt
im Oktober vergangenen Jahres einen Konsultationsprozess gestartet[3]. Aus
diesem Grunde war die bereits geplante Streichung der
Software-Ausschlussklausel im EPÜ auf der Münchner Vertragskonferenz der
EPÜ-Mitgliedsstaaten im November vergangenen Jahres noch einmal vertagt
worden[4]. 

Die EU und ihre Mitgliedsländer stehen in einem gewissen Zugzwang[5]. In
international rechtskräftigen Verträgen wie dem TRIPS-Abkommen von 1994,
einem Anhang zur Charta der Welthandelsorganisation (WTO), haben sie sich
zur "Harmonisierung" genannten Angleichung ihres Patentrechts an die
Vorgaben der WTO verpflichtet. In der Behandlung von computer-gestützten
Erfindungen wird die konkrete Ausgestaltung nun zu einem schwierigen
Balanceakt: Die Innovationsstimulierung durch den Anreiz eines staatlich
gewährten, zeitlich befristeten Monopols kollidiert mit der Gewährleistung
eines fairen Wettbewerbs, der durch Monopole stets eingeschränkt wird.

Um dem Vorwurf der einseitigen Ausrichtung des Patentrechts an einer
einflussreichen Industrielobby zu entgehen, sollten Betroffene und
Interessierte Gelegenheit bekommen, ihre Ansichten in den
Diskussionsprozess einzubringen. Die machten davon ausgiebig Gebrauch;
insgesamt gingen knapp 1450 Stellungnahmen ein[6]. Der größte Teil davon –
rund 1200 – unterstützte die Petition[7] der Eurolinux Alliance[8] gegen
die Ausweitung des Patentschutzes. Der Verband von mehr als 200
kommerziellen Softwarehäusern und gemeinnützigen Organisationen zur
Förderung von offenen Standards und Open-Source-Software hatte Mitglieder
wie interessierte Öffentlichkeit aufgerufen, zum Zwecke größerer
Transparenz des Verfahrens die Eingaben an die Kommission über ihn
einzureichen.

Die Auswertung der zahlreichen Stellungnahmen war offenbar selbst der
Generaldirektion zu viel. Sie beauftragte damit die britische
Beratungsgesellschaft PbT Consultants Ltd. Der Report[9] ("The Results of
the European Commission Consultation Exercise on the Patentability of
Computer Implemented Inventions") wurde jetzt veröffentlicht. Er
dokumentiert die beiden Lager, die sich in dieser Frage gegenüberstehen:
Akademiker, Entwickler und kleine Firmen befürchten überwiegend negative
Auswirkungen auf Interoperabilitätsstandards, lähmende Rechtsstreitigkeiten
um das geistige Eigentum und Gefahren für die Entwicklung von Open Source
Software. Zum "liberalen" Lager, das für einen weit gehenden Monopolschutz
eintritt, zählen vor allem Patentanwälte, etablierte Großkonzerne und
Patentbehörden.

"Es war klar, dass die Gruppe der Softwarepatent-Gegner (91%) numerisch die
eingegangenen Antworten dominiert", heißt es in dem Report; "54% der
Stellungnahmen, die direkt an die Kommission gingen und nicht explizit von
'Open-Source'-Anhängern kamen, unterstützten Software-bezogene Patente."
Auf diese feinsinnige Gliederung der Mehrheitsverhältnisse folgt dann
unverblümt die realpolitische Gewichtung: "Wenn man die Wirtschaftskraft
und Zahl der Organisationen in Rechnung stellt, deren Stellungnahmen die
Industrie und andere Verbände repräsentieren, lässt sich begründen, dass es
eine 'wirtschaftliche' Mehrheit zu Gunsten von Patenten für
computer-implementierte Erfindungen gibt."

Damit lassen die Consultants wenig Zweifel, wessen Interessen für die
konkrete Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik ausschlaggebend sein werden,
obwohl sie betonen, dass die Abwägung natürlich eine "politische
Angelegenheit" sei. Der weitere Gang der geplanten Richtlinie in Brüssel
verspricht für die EU-Mitglieder eine interessante Übung in repräsentativer
Demokratie auf europäischer Ebene zu werden. ur weiteren Diskussion hat die
Generaldirektion Binnenmarkt ein Online-Forum[10] eingerichtet.

Mehr zu Softwarepatenten und zu den Hintergründen der Entwicklung des
Patentwesens bringt c't[11] in Ausgabe 17 (ab dem 13. August im Handel).
(Richard Sietmann) / (jk[12]/c't)

URL dieses Artikels:
 http://www.heise.de/newsticker/data/jk-06.08.01-002/

Links in diesem Artikel:
 [1] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-22.03.01-000/
 [2] http://www.european-patent-office.org/legal/epc/d/ma1.html
 [3] http://www.heise.de/newsticker/data/chr-20.10.00-004/
 [4] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-22.11.00-003/
 [5] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-09.12.00-008/
 [6] http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/intprop/indprop/softreplies.htm
 [7] http://petition.eurolinux.org
 [8] http://www.eurolinux.org
 [9] http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/softpatanalyse.htm
 [10] http://www.forum.europa.eu.int/Public/irc/markt/softpat/newsgroups?n=forum
 [11] http://www.heise.de/ct
 [12] mailto:jk@ct.heise.de

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