redaktion@dancezone.de on 31 Aug 2001 16:44:23 -0000


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[rohrpost] gestern war was los....


... in Berlin:

Im Tempodrom, wo vor nahezu 15 Jahren mit der 1. Acid-House-Party ein
wichtiger subkultureller Meilenstein gelegt wurde, diskutierte eine
ausgesuchte Schar von Kulturarbeitern, Soziologen und dem grünen
Justizsenator über das Ende der Subkulturen.... 

... das es am Ende doch nicht gibt.

Das Subkulturen in Berlin vor allem etwas mit techno zu tun haben muß,
deshalb auch mit Drogen-Kultur und polizeiliche Reprässions-Kultur,
konnten viele Zuhörer (ca 250 Leute immerhin) nicht wirklich
nachvollziehen.

Wird die Subkultur sterben???? Nein, sicher nicht.... aber!!?

Vielleicht ist das Tempodrom symptomatisch oder stellvertretend für die
Subkulturen zu sehen.
Diese Diskussion war eine der letzten Veranstaltungen in einem uns
liebgewordenen Zirkuszelt. Nach dem Umzug aus dem Tiergarten (Bannmeile)
an den Ostbahnhof umgesiedelt, dessen Areal nun für ein Eisstadion
plattgemacht wird, besteht das Tempodrom weiter.
Mit neuem Ort (Anhalter Bahnhof) und ohne Zelt, dafür mit
Starachitektendesigner-Dach werden die "Heimatklänge" sicher nicht mehr
den alternativen Flair einer Ethno-Subkultur haben.

Vereinnahmung oder Verteidigung??
subkultur funktioniert in kleinen communitys weit abseits des
Mainstream, das ist ja nun wirklich allen klar. Dennoch werden die
subkulturen permanent vereinnahmt. Sei es als Marketinginstrument für
die Berlin-Tourismuswerbung oder durch die Industrie, die mit Ihren
Scouts mal schaut, was gerade so Trend ist.... aber wo bleibt der Lohn,
oder wollen wir in überhaupt???

Natürlich war kommerzialisierung der Subkultur ein wichtiger
Themenbereich, und viele Subkultuarbeiter wehren sich permanent gegen
diese Tendenzen...
Aber wo fängt er an, der Kommerz??? Wenn die Veranstalter von Subkultur
davon leben können? - Was vielleicht Ihr gutes Recht ist....
Muß die Subkultur sich wirklich selbstausbeuten, lebt sie eher von
Mangel und Improvisation als von Ressourcen.... 

Niemand konnte diesen Komplex wirklich zufriedenstellend beantworten.


Clubsterben oder Kultur-Areal??
Ja, die Berliner Subkultur steckt in einer tiefen Krise, das spürt jeder
Subkulturarbeiter am eigenen Leib.
Die DJ`s aus Hildesheim und die Veranstalter aus Bayern haben sich
inzwischen in Berlin "breitgemacht". Seid willkommen, aber 200 Clubs und
xxxx Dj`s sind einfach zu viel für unsere "kleine" Stadt.

Den Lohn den wir brauchen ist Anerkennung!!! Subkultur ist immer
wiederkehrende kreative Ressource, praktisch das Korn oder die Kartoffel
der Stadt.
Wir brauchen kein Kultur-Areal à la München, das wäre mit uns sowieso
nicht zu machen. 
Wir brauchen Luft zum Atmen, aber auch strukturelle Unterstützung an der
Basis.

Mitte der 90er stand Berlin schon einmal kurz vor dem SubKultur-Exitus
weil alle illegalen (Ost-)Lokations von der Schließung bedroht waren.
Was ist passiert??
Viele Künstler, Musiker und Veranstalter sind nach Hamburg abgewandert,
haben die dortige Trance-Szene "genährt".
Doch die Berliner Subkultur hat sich re-organisiert, das Vereinsrecht
für sich entdeckt und war stärker den je... was sich dann auch in den
Besucherzahlen der Loveparade niederschlug.

Subkultur ist ein volkswirtschaftlicher Faktor, so wie soziale oder
körperliche Gesundheit. 
Wann erkennt die Gesellschaft und insbesondere die Berliner Politik, das
neben Gesundheitsfürsorge und Sozialfürsorge auch eine Kulturfürsorge
stattfinden muß???

Tut Sie? Na klar, für die Hochkultur....

Vor-Wahl-Lippenbekenntnisse reichen uns nicht mehr, es muß etwas
sinnvolles passieren. 
Das die Loveparade GmbH abwandern will, ist vielleicht wirklich mehr als
ein Lippenbekenntnis.... 

Die Subkultur entwickelt Visionen und setzt diese um. 
In sich ändernden Zeiten, an der Schwelle zu Wissens und
Informationsgesellschaft, ein hochwertiger und nicht abzuschätzender
Mehrwert für die gesamte Gesellschaft.


Ist eine neue re-organisation der subkultur notwendig???
Ja, vielleicht....

Wir reden nicht über Instrumente oder Werkzeuge, wir reden über Menschen
und persönliche Schicksale.
Diese persönlichen Schicksale sind es, die Subkultur (aus)machen.

Eins ist gestern auf jeden Fall deutlich geworden:
Ein "come together", eine "neue Ratlosigkeit" und letztlich das feste
Wissen das ein jeder einzeln die Probleme der Subkulturarbeiter nicht
lösen kann...
Mehrmals wurde es gesagt: es braucht einen Raum in dem wir
Subkulturarbeiter zusammenkommen können. 


Vielleicht ist der erste Stein für diese neue Meile schon gelegt:

http://www.berlin-underground.com/preview/protokoll001.html

Kommentare und Feedback sowie Verriss ausdrücklich erwünscht....



internette grüße aus dem open-office/berlin

lotar


PS: wer rechtschreibefehler findet, darf diese behalten (irgendwo
geklaut)

PS: und danke für die Aufmerksamkeit, das wollte ich schon lange mal
loswerden.....
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