Peter C. Krell on Tue, 26 Mar 2002 17:25:57 +0100 (CET) |
[Date Prev] [Date Next] [Thread Prev] [Thread Next] [Date Index] [Thread Index]
[rohrpost] Re: Intermedium2:"Keine digitale Zukunft ohne Analogtechnik" |
Reflexionen zum jpeg Dass kontinuierliche Analogtechnik auch im Zeitalter diskreter Zeittaktung eng mit Digitaltechnik verknüpft bleibt, darauf haben deutsche Medientheoretiker wie Prof. Friedrich Kittler, Prof. Norbert Bolz, Prof. Wolfgang Coy und Prof. Bernhard Siegert, aber auch amerikanische wie Prof. Timothy Lenoir et al. mehrfach hingewiesen. Und nicht nur diese! Reales wird auch in Zukunft der zeitvariablen Form nach in seiner symbolischen Abbildung (also auch jpegs) gemäß einer diskreten zeitlichen Taktung auf Displays und Soundkanälen audiovisualisiert approximiert wiedergegeben, bzw. formmoduliert. Das Substanzielle dieser symbolischen (Form-) Konstellationen tritt hinter die Imaginationen der potentiellen User zurück, die er oder sie aus seinem/ihrem Umgang mit dem Symbolischen für sich beansprucht und verweist auf etwas Immaterielles, möglicherweise Geistiges, Zeitloses, in speziellen Fällen auch auf zeitlich gebundene Imaginationskonventionen wie beispieksweise "netart". Netart ist in mehrfacher Hinsicht auch ein zeitliches Phänomen, welches sich ihrem jeweiligen Betrachter auf der Höhe seiner selbstgewordenen Ontologie erschließt. Es kennzeichnet aber auch ein dynamisches Denkparadigma, welches in Metaphern eingebunden (wie z.B. "das Interface ist ein Monument" vgl. Johnson), seine multiversatile Bezugnahme auf etwas Reales, möglicherweise Bewegtes gestattet. Bei aller Abstraktion bewegt sich damit netart im Konventionsraum ihrer begrifflichen Definitionen, die als solche Ausdruck einer statischen Grammatik sind, oder vielleicht doch nicht? Brian Halla, President und CEO von National Semiconductor (Werbeslogan:"Sight&Sound of Information"), unterstrich in einem Interview mit dem Markt&Technik Magazin (13/2002) die Wichtigkeit des mobilen Anwenderbereichs im Rahmen von Microsofts Mira-Initiative. Die deterritorialisierten Zeichen befinden sich in dynamischer Applikation gestalterischen Formfaktoren ausgesetzt. 100 Mitarbeiter seiner Firma arbeiten rund um die Uhr an der Entwicklung von s.g. Information Appliances, Anwendungen mit dem Ziel jederzeit und an jedem Ort der Welt auch wireless auf das Internet zugreifen zu können. Hierbei konzentriert man sich neben der Konzeption von Komplettlösungen im mobilen Flat-Panel-Display-Markt (hierbei arbeitet man eng mit der koreanischen Firma Samsung zusammen) und der Entwicklung erster UMTS-Chipsätze in erster Linie auf die auf die Weiterentwicklung von hochintegrierten Chips im Bereich der digitalen Bildsensorik. Auszug aus dem Interview: (S.14) "Markt&Technik: National ist in erster LInie ein Analog-Spezialist. Welche Highlights hat Ihr Unternehmen hier zu bieten? Halla: Wir werden in Kürze mit der Produktion des Foveon X3 beginnen. Dabei handelt es sich um den ersten Bildsensor der Welt, der die Farben Rot, Grün und Blau in jedem einzelnen Pixel erfaßt. Der Foveon X3 ist nicht nur der erste Farbbildsensor für digitale Kameras, der die Farbtrennung auf dem Chip vollzieht, er ist auch der erste Bildsensor, der in Design und Produktion auf einem CMOS-Halbleiterprozess mit 0,18-µm-Geometrie abgestimmt ist. MIt diesen Leistungsfeatures wird der Foveon X3 für einen enormen Qualitäts- und Leistungsschub auf dem Gebiet der Digitalkameras sorgen. Markt&Technik: Wird die Telekommunikation auch in Zukunft die Killerapplikationen der Elektronik liefern? Halla: Wir sollten das Potential, das in den Multifunktionsgeneratoren der 2,5. und 3. Generation steckt, nicht unterschätzen, aber ich glaube, wirkliche Killerapplikationen werden sich in Zukunft wohl aus Geräten ergeben, die Mobilfunk- und Digitale-Consumer-Feature verbinden. Wenn ich in diesesm Zusammenhang an die Einsatzmöglichkeiten des Foveon X3-Chips denke und die Möglichkeiten digitaler Bildverarbeitung und -bearbeitung Revue passieren lasse, könnte dort eine zukünftige Killerapplikation entstehen..." Wie Vilém Flusser sehr richtig anmerkte, sind ProgrammierInnen auf unterschiedlichen Design-Niveaus aktiv. Die Designer hinter den Designern sind am Ende auch Architekten des Wortes, dennoch haben ihre Entwürfe und ihre Tools neue Ausdruckmodi gezeitigt, deren symbolische Ausdruckskraft diejenigen der klassischen Schriftsprachen bisweilen bei weiten übersteigt. Formensprachen der Gegenwart augmentieren damit die Sprachlichkeit besonders im modellaffinien Entwurfsbereich, wobei klar zu erkennen ist, dass 2D-Flußdiagramme in allen Wissensbereichen zunehmend mehrdimensionalen Entwurfsskizzen weichen werden, bzw. diesen augmentierend zur Seite treten. Wissensdesigns (Bolz) löst sich vom Paradigma der Zweidimensionalität und wird beweglich. Nichtzuletzt entscheiden gleichzeitig IC Design Prozesse und - DesignerInnen auch über Möglichkeiten einer softwaregesteuerten Applikationsentwicklung seitens der Programmierer und deren damit einhergehender Anwendbarkeit durch Philosophen, Nutzer des Wortes, Office-Nutzer von Microsoft Word. Ist Netart am Ende vielleicht doch nur ein Digital-Consumer Feature im Sinne der Industrie? Informationsthoeretisch (Shannon) und marktökonomisch betrachtet wahrscheinlich schon. Praktisch gesehen ist netart natürlich wesentlich mehr. Wichtig aber erscheint mir im ZUsammenhang mit netart aber das monumentale Paradigma der deterritoralisierten Mobilität bei synchronen Diachronizität einer regressiv argumentierenden Technik-Evolution unter direkter Bezugnahme auf eine global vermutete organisch menschliche Verspieltheit. Jpegs sind statisch, wie die ihnen zugrundeliegenden Chiparchitekturen bis dato übrigens auch. Menschen sind beweglich. Peter C. Krell ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de