Florian Cramer on Wed, 20 Aug 2003 13:41:35 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] Niedergang von "Telepolis" |
An anderer Stelle hatte ich hier schon einmal angemerkt, daß sich Telepolis <http://www.telepolis.de> von einem "Magazin der Netzkultur" zu einer antiamerikanischen, paranoiden Polit-Postille gewandelt habe; doch mit dem heute erschienenen Artikel "Neuer Zusatz zum Einbürgerungsrecht - Mehr als 20.000 Familien stehen vor der Entscheidung, ihre Heimat Israel aufzugeben, oder sich scheiden zu lassen, weil die arabischen Partner ausgewiesen werden können" von Cecilia Schreiber ist das Maß des Erträglichen überschritten. Es geht in dem Artikel um ein neues, auf ein halbes Jahr befristetes israelisches Gesetz, daß palästinensischen Ehepartnern israelischer Staatsbürger das pauschale Einbürgerungsrecht streicht, und zwar vor dem Hintergrund von Scheinehen, mit denen palästinensische Attentäter aus den besetzten Gebieten sich die israelische Staatsbürgerschaft verschafft haben. Dieses Gesetz wird laut <http://www.zmag.de/article/article.php?id=765> von Amnesty International und Human Rights Watch als "diskriminierend" bezeichnet und verdient es zweifellos kritische Berichterstattung. Der Telepolis-Artikel suggeriert aber, daß Israel seine nicht-jüdischen Bürger ausweisen wolle, daß israelisch-arabische Familien in Angst vor Deportationen lebten ("Salwa Abu Jaber, 28 Jahre alt, Mutter von vier Kindern und die Frau des Arabers Mahmoud, mit dem sie seit 10 Jahren verheiratet ist. Sie liegt seit dem neuen Gesetz nachts häufig wach und schreckt auf, sobald ein Auto unerwartet vor dem Haus anhält, weil sie darauf wartet, dass ihr Ehemann abgeholt wird") und insinuiert somit Ähnlichkeiten von Israel mit dem Dritten Reich. Die Autorin schreibt ferner: "Gut 6 Millionen Bürger zählt Israel. Jeder Fünfte ist arabischer Herkunft und ein Bürger 2. Klasse wie seinerzeit die schwarze Bevölkerung in den Vereinigten Staaten", als wenn es in Israel Sklaverei gebe, Rassentrennungsgesetze wie die von 1880-1950 in Südstaaten gültigen "Jim Crow Laws", oder, analog zur Praxis einiger US-Bundesstaaten noch in den 1960er Jahren, Vorenthaltungen des Wahlrechts von israelischen Staatsbürgern arabischer Herkunft. Zu diesem auch sprachlich primitiven Propagandatext haben auch ein paar kritische "Telepolis"-Leser das Nötige im Telepolis/Heise-Forum angemerkt, siehe <http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?list=1&forum_id=46259>, insbesondere die Beiträge <http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=4024702&forum_id=46259>, <http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=4026556&forum_id=46259>, <http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=4026666&forum_id=46259>, <http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=4026770&forum_id=46259>, <http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=4026831&forum_id=46259>, <http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=4022527&forum_id=46259>. Telepolis hatte einmal eine wichtige Rolle als Multiplikator von Diskursen über Netzkunst und -kultur, Hackerkultur und freies Wissen, und auch als Subventioniererin freier Journalisten und Autoren, gerade aus dem Umfeld der "rohrpost". Unter einigen von ihnen war der Niedergang von Telepolis privates Gesprächsthema, vielleicht ist es jetzt Zeit, diesen Diskurs endlich öffentlich zu führen?! -F -- http://userpage.fu-berlin.de/~cantsin/homepage/ http://www.complit.fu-berlin.de/institut/lehrpersonal/cramer.html GnuPG/PGP public key ID 3200C7BA, finger cantsin@mail.zedat.fu-berlin.de
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